So nah und doch so fern – obwohl Deutsche und Franzosen geografisch gesehen nur einen Katzensprung voneinander entfernt sind, werden die Mentalitätsunterschiede oft als umso gravierender empfunden. Natürlich ist es schwer, sich an dieser Stelle komplett von den guten alten Klischees freizumachen, die sich in unseren Gedächtnissen festgebohrt haben. Fest steht aber: Wenn es ums Geschäft geht, treten zwischen Deutschen und Franzosen immer wieder Missverständnisse und gegenseitige Verwirrungen auf, die an kulturelle Eigenheiten geknüpft sind. Falls Sie in Frankreich arbeiten, geschäftliche Beziehungen zu dem Land pflegen oder dies in Erwägung ziehen, haben wir einige Tipps zusammengestellt, mit denen Sie eventuellen Fettnäpfchen im Gespräch mit Ihrem Gegenüber geschickt aus dem Weg gehen können.
1. Es lebe der Smalltalk
Die Basis jeder geschäftlichen Beziehung ist der Aufbau eines guten, zwischenmenschlichen Verhältnisses. Den Franzosen ist das besonders wichtig. Während Deutsche beim Geschäftsessen gerne schnell zum Punkt kommen, wollen die Franzosen ihren potenziellen Geschäftspartner lieber erst mal beschnuppern und die Dinge in Ruhe angehen lassen. Das Harmonieren auf persönlicher Ebene ist also eine wichtige Voraussetzung, um einschätzen zu können, ob die Kooperation auf geschäftlicher Ebene ebenso funktionieren kann. Dementsprechend hoch ist die Gefahr, dass faktenorientierte, direkte Ansprachen Ihrerseits eher als stumpf und unhöflich empfunden werden. Versuchen Sie diesen ausgedehnten Smalltalk stattdessen zum Anlass zu nehmen, um Ihr Gegenüber selbst etwas besser kennenzulernen und einzuschätzen. Werden Sie dabei nicht gleich zu persönlich, sondern tasten Sie sich langsam heran. Kulturelle Themen wie Musik, Kunst oder Literatur kommen zum Beispiel als Eisbrecher immer sehr gut an.
2. Probier’s mal mit Gemütlichkeit
Auch was das Zeitliche betrifft, sollten Sie Ruhe bewahren. Vermeiden Sie es bei Meetings oder Geschäftsessen, zu oft auf die Uhr zu schauen. Das könnte Ihrem Gegenüber das Gefühl geben, Ihnen sei das Gespräch nicht wichtig oder Sie würden sich langweilen. Sie sollten auch beachten, dass viele Franzosen nicht dasselbe Zeitverständnis haben wie Deutsche. Falls Ihr Geschäftspartner nicht ganz pünktlich zum vereinbarten Termin erscheint, ist das nicht immer ein Zeichen von Nachlässigkeit. Nehmen Sie das also nicht persönlich.
3. „C’est moi le patron!“
Der klassische Führungsstil von deutschen und französischen Vorgesetzten wird als sehr konträr angesehen. Deutsche Manager gelten als besonders konsens- und kompromissbestrebt. Entscheidungen werden gemeinsam innerhalb des Teams getroffen und die Mitarbeiter genießen mehr Verantwortung. In Frankreich hingegen werden Entscheidungen lieber von oben delegiert und Hierarchieebenen stärker einhalten. Der Führungsstil gilt eher als individualistisch und autoritär. Stellen Sie sich also darauf ein, dass Sie sich diesbezüglich etwas umgewöhnen müssen.
Französische Manager bemühen sich jedoch in der Regel sehr stark um ein gutes persönliches Verhältnis zu ihren Mitarbeitern und vermitteln ihnen das Gefühl, dass ihnen ihre Meinung am Herzen liegt und in Entscheidungsprozesse mit einfließt. Das mag auch ein Grund dafür sein, warum viele Franzosen den Managementstil ihres Chefs als gar nicht so frontal empfinden und mit dieser Kommunikationsweise sogar sehr gut klarkommen.
4. Lieber reden als schreiben
Franzosen ziehen die mündliche Kommunikation eindeutig der schriftlichen vor. Endlose Mails oder ein „schwarzes Brett“, so wie man es aus Deutschland kennt, treffen bei den Franzosen eher auf Stirnrunzeln und sprechen gegen das Prinzip der persönlichen Annäherung. Greifen Sie also bei einem Anliegen lieber zum Hörer oder suchen Sie das persönliche Gespräch.
5. Parlez-vous français? Non? Hum…
Dass alle Franzosen Fremdsprachenmuffel sind, ist nicht wahr. Viele können sich in mindestens einer weiteren Sprache (in der Regel englisch) flüssig verständigen und haben auch kein Problem damit, sich ihrer Kenntnisse zu bedienen. Für die Jobsuche in Frankreich ist es dennoch von Vorteil, wenn Sie wenigstens konversationssicher im Französischen sind, da Sprachkenntnisse die Reichweite an potenziellen Jobs erhöhen. Es erleichtert Ihnen außerdem das Knüpfen von Kontakten und schmeichelt natürlich den Einheimischen, wenn Sie ihre Sprache verstehen und beherrschen. Bei geschäftlichen Beziehungen wird, genauso wie in Deutschland, auf die förmliche Anrede gesetzt.
6. Spontaneität muss gelernt sein
Das Thema Spontaneität bringt viele Deutsche zur Verzweiflung. Sie halten sich lieber an genaue Pläne und schrittweises Vorgehen und sind für Zwischenfälle dementsprechend nur mäßig empfänglich. Franzosen hingegen nutzen Pläne lieber als Orientierung, sind offen für Neues und passen viele Dinge erst im Laufe des Arbeitsprozesses an. Auf Zwischenfälle reagieren sie insgesamt flexibler als Deutsche. Falls Sie alles gern nach Plan machen, sollten Sie sich bemühen, diese etwas spontanere Arbeitsweise zu akzeptieren und sie sich vielleicht auch selbst ein Stück weit anzueignen. Sonst laufen Sie eventuell Gefahr, von Ihren Kollegen als engstirnig wahrgenommen zu werden.
7. Das Küsschen kommt erst hinterher
Natürlich lieben Franzosen das Küsschen als Grußformel. Dennoch: Wenn Sie Ihren französischen Geschäftspartner oder Kollegen noch nicht so gut kennen, sollten Sie sich für Begrüßung und Abschied lieber auf den Handschlag einstellen. Erst, wenn es auch auf persönlicher Ebene gut passt und sich das rein geschäftliche Verhältnis zu einem freundschaftlichen entwickelt, wird zum Küsschen übergegangen (zwischen Männern ist das allerdings eher unüblich). Wie oft geküsst wird, ist von Region zu Region unterschiedlich. Wenn Sie sich nicht sicher sind, dann beobachten Sie am besten die Gestik Ihres Gegenübers oder fragen Sie einfach nach.