Der Grundstein wird in Schule und Berufsausbildung gelegt
Dieses hierarchische Rollenverständnis beginnt in Frankreich bereits mit der Schulausbildung, bei der die Lehrkraft meist eher frontal unterrichtet und Gruppenarbeit sowie mündliche Beteiligung zweitrangig sind. So kann ein Schüler in Deutsch eine „18 sur 20“ (entspricht 1-) als Note bekommen, aber wenn man ihn fragt „Wie geht’s?“ (Ça va?) bekommt man erstmal keine Antwort, da er vollkommen unsicher ist, was er sagen soll. Klassisches Beispiel von fehlender mündlicher Praxis und einem Unterrichtsstil, der den Schülern nicht genug erlaubt sich zu trauen, auch mal Fehler zu machen.
Geht es in Richtung Studium, werden französische Führungskräfte meist auf sogenannten „Grandes Ecoles“, also Elitehochschulen wie z.B. der École des Hautes Etudes Commerciales (HEC) oder auch Ingenieurshochschulen wie der École Polytechnique, ausgebildet. Ein Universitätsstudium hat z.B. in den Bereichen Gesellschafts- oder Wirtschaftswissenschaften ein schlechteres Ansehen und kann einem den Weg zu den interessantesten Stellen in Frankreich erschweren, wohingegen es in Deutschland ganz „normal“ ist, an der Uni studiert zu haben. Der Führungsanspruch französischer Manager leitet sich also zu großen Teilen von ihrer Ausbildung und der bereits früh auf Individualität geschulten Persönlichkeit ab, wohingegen von einem deutschen Manager in erster Linie Fachkompetenz erwartet wird, unabhängig vom Hintergrund seiner Ausbildung. In Frankreich dagegen ist die Tatsache auf einer Elitehochschule studiert zu haben, eine Auszeichnung, die einen die ganze Karriere lang begleitet, auch wenn die Leistung im Job nicht unbedingt herausragend ist. Grundsätzlich ist es für sogenannte Quereinsteiger also etwas leichter in Deutschland als in Frankreich, wo Diplome und das Hochschulranking eine große Rolle spielen. Dies gilt allerdings nicht für Start-Ups, die, wie in Deutschland auch, eher nach den passenden praktischen und charakterlichen „Skills“ suchen als nach guten Noten in der Schule.