Berufswechsel und Neuorientierung – was ist zu beachten?

Das Foto zeigt eine Strasse, auf der drei Pfeile abgebildet. Der Pfeil links biegt nach links ab, der Pfeil in der Mitte zeigt geradeaus, der Pfeil rechts biegt nach rechts ab. Die drei Pfeile repräsentieren die verschiedenen Möglichkeiten, sich im Berufsleben neu zu orientieren.

Wenn man bereits einige Jahre Berufserfahrung hinter sich hat, kommt manchmal der Punkt, wo man Lust hat, doch noch mal was anderes zu machen. Teilweise sind auch private Umstände für einen Stimmungswechsel verantwortlich, der Lust auf Veränderung macht. Jeder hat seine individuellen Gründe.

1.    Welcher Job passt zu mir?

Der zentrale Punkt für einen gelungenen Berufswechsel ist eigentlich, für sich selbst herauszufinden, was man sich als zukünftigen Beruf gut vorstellen kann. Manchen wird die passende Gelegenheit per Zufall auf dem goldenen Teller präsentiert, aber viele müssen selber suchen. Dabei ist es wichtig, sowohl die eigenen Motivationsfaktoren als auch bereits vorhandene Kompetenzen und sein eigenes Potenzial zu kennen.

Wer so gar keine Idee hat, aber auf jeden Fall die Sprachkompetenzen einbringen möchte kann ganz einfach mal auf einem großen Jobportal wie indeed oder stepstone mit dem Stichwort „allemand“ (in Frankreich) oder „französisch“ (in Deutschland) schauen, was einem so angezeigt wird. Inspiration kann man auch im Bekanntenkreis finden, wenn man jemanden kennt, der eine Tätigkeit ausübt, die einen schon immer interessiert hat. Einfach mal etwas detaillierter nachfragen.

Zur kurzen Selbstanalyse kann man sich z.B. solche Fragen stellen:

  • Kann ich gut mit dem Computer/Social Media umgehen?
  • Mag ich lieber in einem großen renommierten Unternehmen mit mehreren Abteilungen arbeiten und habe klar zugeteilte Aufgaben oder sehe ich mich eher in einem kleinen Team, wo jeder da anpackt, wo er kann und etwas Allroundtalent mitbringt?
  • Welche Anforderungen habe ich an die geographische Lage der Arbeitsstätte (Anfahrtsweg/-dauer, Transportmittelanbindung) bzw. kann ich mir eine Stelle mit 100% Home Office vorstellen?
  • Mag ich den direkten Umgang mit Kunden oder halte ich mich lieber im Hintergrund auf und erledige andere wichtige Dinge für die Unternehmenstätigkeit?
  • Telefoniere ich gern?
  • Mag ich den Umgang mit Zahlen und kenne ich mich gut auf Excel aus?
  • Welche Art von Branchen/Produkten ziehen mich an und welche kenne ich vielleicht bereits sehr gut durch persönliche Interessen (z.B. Kosmetik, Technik, Dienstleistungen, Finanz-/versicherungsberatung, Luxuxartikel, Schmuck usw.)?
  • Habe ich vielleicht schon lange eine eigene Geschäftsidee, die ich nun endlich umsetzen könnte, wenn ich mich selbständig mache?

Als Quereinsteiger, also ohne die gewöhnlichen Diplome für den Beruf mitzubringen, ist es natürlich nie leicht, aber gerade Start-Ups, von denen ja täglich neue das Licht der Welt erblicken, achten weniger auf passende Zertifikate als auf Persönlichkeit, Engagement und hohe Motivation für die Sache bzw. das Produkt.
Frankreich ist gegenüber Deutschland vielleicht noch diplomlastiger und weniger flexibel, was Quereinsteiger angeht, aber man sollte sich davon nicht sofort abschrecken lassen.

Noch kurz zum Thema Teilzeit: Es ist in Deutschland sehr verbreitet, dass Unternehmen Teilzeitstellen anbieten oder Gleitzeit, was häufig von Frauen bzw. Müttern genutzt wird. In Frankreich ist das etwas anders. Ein typisches „Mutter-Modell“ ist eine 80%-Stelle, wo 4 Tage die Woche voll gearbeitet wird und 1 Tag (Mittwoch) komplett frei ist. Das hat mit dem französischen Schulsystem zu tun, wo in vielen französischen Gemeinden am Mittwoch für alle Vorschüler und Grundschüler (3-11 Jahre alte Kinder) am Mittwoch kein Unterricht stattfindet oder nur vormittags bis maximal 12 Uhr. Dafür dauert der Schulunterricht an den anderen Tagen, auch in dieser Altersklasse, generell bis 16 Uhr oder 16.30 Uhr und danach gibt es noch den Hort bis 19 Uhr.

 

2.    Vorbereitung der Bewerbungsunterlagen

Wenn eine erste Auswahl an potenziellen Positionen gemacht ist, geht es darum, überzeugende Bewerbungsunterlagen vorzubereiten.
Dabei gibt es sowohl für die Erstellung eines deutschen Lebenslaufs als auch für die eines französischen gewisse Formate und Empfehlungen zu berücksichtigen, die ihr in unserem Bewerberbereich leicht finden könnt (inklusive kostenloser Vorlagen).

Manche Unternehmen legen auch Wert auf ein Anschreiben / Lettre de motivation und selbst wenn es nicht verlangt wird, würde ich es bei einem Berufswechsel sehr empfehlen, das Anschreiben zu nutzen, um die Umorientierung zu erklären und die Motivation dafür zu erläutern, da der Lebenslauf allein nicht unbedingt auf den ersten Blick überzeugen wird. Es ist auch üblich geworden, auf dem Lebenslauf selbst, gleich oben, einen kleinen ausformulierten Absatz zum Karriereprojekt oder einfach zur Beschreibung der eigenen Person aufzuführen, damit der Recruiter sich möglichst schnell den richtigen Eindruck verschaffen kann. Gibt es für eine Stelle viele Bewerbungen zu sichten, wird der Lebenslauf vielleicht nur sehr schnell vom Recruiter überflogen. Da heißt es, mit den richtigen Keywords zu punkten und am besten auch mit einem gelungenen und seriösen Foto, das Lust aufs Kennenlernen macht (bitte lächeln!) – ein einfaches Mittel, um sich von Mitbewerbern bei dieser ersten Etappe erfolgreich abzusetzen.

Klare Regel: Der Lebenslauf sollte jeweils zu der anvisierten Stelle passen. Daher bitte nicht nur eine allgemeine Version erstellen, auf der man alles, was man gemacht hat, was man kann und was man möchte auflistest! Es ist wichtig, eine individuell auf die Stelle abgestimmte Version des Lebenslaufs zu liefern. Da kann man bei den Berufserfahrungen, Kompetenzen, Hobbies etc. schon mal eine intelligente Auswahl treffen und möglichst noch so formulieren, dass das Unternehmen klar erkennen kann, welcher Zusammenhang zum gewünschten Job oder der Tätigkeit besteht. Natürlich gilt wie immer, dass keine zu großen Lücken ohne dazugehörige Erklärung bleiben sollten und man sollte auch nichts dazu dichten. Weglassen von unwichtigen Informationen für die spezifische Stelle ist allerdings erlaubt 😉

3.    Und wie steht es mit dem Gehalt?

Gehalt ist und bleibt ein wichtiger Faktor im Berufsleben. Klar ist, dass man sich bei einem Berufswechsel ohne entsprechende nachweisbare praktische Erfahrung klarmachen muss, dass man ein Anfängerniveau auf dem Posten hätte und damit auch ein Anfängergehalt einhergeht. Oft bedeutet das, dass man sein bisheriges Komfortniveau nicht beibehalten kann und bereit sein muss, mit einem geringeren Gehalt den neuen Beruf auszuüben. Dafür gewinnt man aber vielleicht in anderen Bereichen dazu wie Spaß an der Arbeit, neue Kontakte und oft gibt es ja auch Weiterentwicklungsmöglichkeiten, wenn man erstmal gezeigt hat, was man kann.

Wichtig ist gerade in einem Kontext, wo man sich im Nachbarland nach einem neuen Job umschaut, dass man sich ausreichend über gängige Gehaltslevel informiert, aber auch die Äquivalenz zwischen deutschen und französischen Gehältern versteht. In unserer Rubrik Vergleich der Gehälter in Frankreich und Deutschland gibt es dazu jede Menge Input. Manche Berufe, wie zum Beispiel der Lehrerberuf, haben in Deutschland und Frankreich einen ganz anderen Stand und damit auch ein anderes Einkommensmodell.

Grundsätzlich muss man sich auch auf die Gehaltsfrage des potenziellen Arbeitgebers vorbereiten und in der Lage sein, ein Bruttojahresgehalt zu formulieren. Bitte nicht ein monatliches Nettoeinkommen nennen – das ist unüblich und führt leicht zu Missverständnissen. Unternehmen verhandeln Gehälter als Jahresbruttoeinkommen, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland.
Simulatoren gibt es für beide Länder im Internet und auch in unseren Dokumenten zum Gehaltsvergleich zwischen Deutschland und Frankreich gibt es dazu wertvolle Anhaltspunkte.

 

4.    Wie komme ich an den richtigen Job?

Man sollte sich fragen, wen kenne ich (der vielleicht jemanden kennt), der in der Wunschbranche oder im Wunschunternehmen arbeitet. Netzwerkkontakte oder auch „Vitamin B“ sind weiterhin ein wichtiger Faktor für Erfolg bei der Jobsuche. Schon auf Linkedin oder Xing? Diese Berufsnetzwerke bieten viele Möglichkeiten, interessante Kontakte zu finden oder sich gegenseitig beim Informationsaustausch zu unterstützen. Auch auf Facebook kann es passende Gruppen geben, wo die Mitglieder persönliche Tipps geben können (z.B. Gruppen zu der Region, wo man sucht, oder Gruppen zu einer Branche wie Gastronomie, in der man gerne arbeiten möchte).

Ansonsten heißt es natürlich, Stellenanzeigen zu verfolgen, sich gegebenenfalls auch Search Agents/Job Alerts auf den Jobportalen einzurichten, damit man automatisch über neue Angebote, die zu den eigenen Suchkriterien passen, informiert wird und warum nicht, seinen Lebenslauf in der passenden Sprache (in Frankreich auf Französisch, in Deutschland auf Deutsch) in Bewerberdatenbanken zu hinterlegen, um eventuell direkt von Recruitern angesprochen zu werden, die eine passende Stelle zu besetzen haben. Damit das klappen kann, heißt es erst recht, die Kernkompetenzen wie z.B. Sprachen, Auslandserfahrung und private Interessen hervorzuheben, die zu der gewünschten Neuorientierung passen.

Soweit die Basics, mit denen man sich im Rahmen eines Berufswechsels eingangs beschäftigen sollte.
Eine Portion Glück gehört aber natürlich bei jeder Jobsuche dazu, ob nun bei einer kompletten Neuorientierung oder im normalen Lauf einer jeden Karriere.

Wir wünschen „Bon courage“!

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